Er steht auf der Weide am Zaun. Ein massiger Körper, zwei lange, spitze Hörner. Er muht. Aber es ist kein richtiges Muhen, eher ein Brüllen. Die Zunge hängt ihm aus dem Maul. Die anderen Kühe beobachten ihren Bullen aufmerksam. Ein blonder, junger Mann springt von seinem Traktor und geht auf den Bullen zu. Ohne eine Wort zu sagen, klettert er über den Zaun und zeigt dem Bullen, dass er verschwinden soll. Sofort zieht sich der Bulle zurück und trollt sich über die Weide davon. Der junge Mann ist Johannes Pressl. Er macht die staatliche Ausbildung zum Landwirt auf dem Kastanienhof. Seit einem Jahr lebt er hier und ist eine feste Stütze im Betrieb. „Dass der Bulle sich immer so aufspielen muss“, murmelt Johannes. Er geht zurück zu seinem Traktor und setzt seine Arbeit fort. Auch die Rinder haben ihn akzeptiert. Selbst der junge Bulle weiß, dass er sich vor Johannes nicht beweisen kann. Wenn er nicht gerade dem Bullen Manieren beibringt, bearbeitet Johannes am liebsten den Boden auf den Äckern. Vor allem das Grubbern und Walzen macht ihm Spaß. „Manchmal arbeite ich eben gerne alleine und genieße es für ein paar Stunden nur mit dem Traktor auf dem Feld zu sein.“ Alles hängt vom Wetter und den Tieren ab Schon während der Schulzeit hatte Johannes Interesse an der Arbeit mit Tieren und der Natur. Deshalb machte er vor seinem Schulabschluss ein Praktikum auf dem Kastanienhof. Mit 16 Jahren entschied er sich dann für die Ausbildung zum Landwirt und verließ seine Heimat Kempten, um die nächsten drei Jahre in Lichenroth zu verbringen. „Hier ist es wirklich schön.Ich arbeite gerne hier“, erzählt er. „manchmal komme ich besser mit den Tieren aus, als mit den Menschen“, lacht er. Nur an das frühe Aufstehen kann er sich auch nach einem Jahr nicht gewöhnen. „ Ja, das ist schon manchmal hart“ seufzt er. Auch Urlaube und freie Tage ließen sich schlecht planen, so Johannes. „Es hängt alles vom Wetter oder von den Tieren ab. Letztes Mal, als ich eigentlich frei hatte, hat eine Kuh ihr Kalb bekommen und ich musste doch raus auf die Weide“, erzählt er. Sowas könne man eben nicht planen, aber er mache es gerne. Auch seine Hobbys musste Johannes aufgeben. „Dafür ist neben der Ausbildung einfach keine Zeit mehr“, sagt der 18-jährige. Früher habe er sich oft mit seinen Freunden getroffen, sei Rennrad gefahren oder habe Parcours gemacht. Auch Trompete habe er gespielt. Heute kann er sowas nur noch während seinem Urlaub machen. Aber darum genießt er diesen umso mehr. Ein Verbot für genmanipulierte Pflanzen Trotz allem hat er sich für ein Leben auf einem Bauernhof entschieden. „Die Arbeit mit den Tieren gibt einem eben auch viel zurück und man lernt Verantwortung zu übernehmen.“ Angst vor der Zukunft hat er keine. „Ich glaube, dass gerade die Demeter-Landwirtschaft eine Zukunft hat. Ich hoffe sie wird sich noch weiter ausdehnen und dann wird es sicher auch einen Platz für mich geben. Wo immer der auch sein wird.“ Für die Zukunft wünscht sich Johannes vor Allem aber ein EU-weites Verbot von genmanipulierten Pflanzen. „Das ist weder natürlich noch gesund. Nicht für den Menschen und nicht für die Tiere. Es ist eine Schande, dass sowas überhaupt angebaut werden darf.“